Dienstag, 14. Oktober 2025
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Einsamer Arganbaum in trockener Landschaft, im Hintergrund weitere Arganbäume. Foto: Argand‘Or
NATURKOSMETIK AUS ARGANÖL

Was der Baum weiß, weiß das Öl

Seit Jahrtausenden prägt der Arganbaum die karge Landschaft Südmarokkos – er trotzt Hitze, Dürre und Zeit. In seinem Öl bündelt sich das überlieferte Wissen um Wirkung, Pflege und Lebenskunst. Gemeinsam mit marokkanischen Frauenkooperativen bringt das Unternehmen Argand’Or dieses Wissen in Flakons – als Naturkosmetik mit Herkunft und Haltung.
Foto: Argand‘Or

Im November 2004 kauft Rudolf Bresink in einer Frankfurter Apotheke ein kleines braunes Fläschchen mit der Aufschrift „Nahrungsergänzungsmittel“ – Arganöl, von dem ihm ein Marokkaner erzählt hatte. Nach Gesprächen mit Arganölforschern, die die besonderen Eigenschaften des Öls bestätigen, wird Bresink neugierig. Er reist in den Südwesten Marokkos, in die Arganeraie – ein von der UNESCO geschütztes Biosphärenreservat – und erlebt dort erstmals, wie das traditionsreiche Öl in mühsamer Handarbeit gewonnen wird. Von Frauen, die jahrhundertelang kaum Zugang zu Einkommen oder Bildung hatten.

Berberfrauen sammeln Arganfrüchte im Schatten eines Baums.
Teamarbeit unter der Sonne Marokkos, und zwar schon seit Jahrhunderten: Frauen bei der Arganfrüchteernte am Rande des Atlasgebirges.Foto: Argand‘Or

Entdeckung eines Kulturguts

„Ich habe auf meinem beruflichen Weg viele Lebensmittel und Kosmetikprodukte kennengelernt – aber nichts hat mich so beeindruckt wie dieses Öl“, sagt der ehemalige Werbemanager Bresink. Was mit einem Erlebnis beginnt, wird bald zu einer Mission: Das seltene Öl soll nicht nur als kulinarischer oder kosmetischer Luxusartikel exportiert, sondern als sozial gerechtes und nachhaltig erzeugtes Kulturgut bekannt gemacht werden – und die Lebensumstände seiner Produzentinnen verbessern.

Eine Gruppe von Frauen in bunter Kleidung geht durch eine Hügellandschaft mit Arganbäumen.
Seit Jahrtausenden prägt der Arganbaum die karge Landschaft Südmarokkos – er trotzt Hitze, Dürre und Zeit.Foto: Argand‘Or

Ein Tropfen Widerstand

Der Arganbaum (Argania spinosa) wächst nur noch auf rund 8000 Quadratkilometern in Marokkos Südwesten. Seine knorrigen Äste trotzen der Hitze, seine Wurzeln bohren sich bis zu 30 Meter tief in den Boden. Ohne ihn würde die Region veröden und die Wüste weiter vordringen. Doch jahrzehntelang drohten der Arganbaum und mit ihm die traditionelle Herstellung des Öls zu verschwinden – verdrängt durch industrielle Massenproduktion.

2005 gründet Rudolf Bresink die Firma Argand’Or. Bereits im Folgejahr werden die Produkte erstmals auf der Messe „Biofach“ in Nürnberg vorgestellt – damals ist Arganöl in Deutschland praktisch unbekannt. Seitdem steht die Marke für hochwertiges, fair gehandeltes Arganöl in Bioqualität in einer mehrfach zertifizierten Naturkosmetik, made in Germany.

In den ersten Jahren arbeitet das Unternehmen direkt mit den Frauenkooperativen der Union des Coopératives des femmes de l’Arganeraie (UCFA) zusammen. In Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) rufen Rudolf und Ursula Bresink das „Argand’Or Projekt“ ins Leben, das den Frauen bei der Herstellung und Vermarktung ihres Arganöls helfen soll.

Heute sind die Kooperativen selbstständig und vermarkten ihr Arganöl mit Erfolg selbst. Einige Töchter sind aus den Großstädten zu ihren Familien zurückgekehrt, und unterstützen die Kooperativen beim Verkauf des „flüssigen Golds Marokkos“ in die Welt.

Rudolf und Ursula Bresink lächeln in die Kamera.
Vor genau 20 Jahren gründeten Rudolf und Ursula Bresink ihre Firma Argand’Or und brachten das seit Jahrhunderten geerntete Öl nach Deutschland und in die hiesige Landschaft der Beauty-Produkte.Foto: Argand‘Or
Produktfoto eines Fläschchens Argand'Or Premium Gesichtsöl mit Pipette.
Einer der Bestseller der Marke: das „Premium Gesichtsöl mit Arganöl und Granatapfel-Extrakt“, fünffach zertifiziert. Preis: 30 ml um 37 Euro.Foto: Argand‘Or

Arganöl als Weg aus der Abhängigkeit

Das Besondere an dem Projekt ist nicht allein das Produkt, sondern das System dahinter: Die komplette Wertschöpfung – von der Ernte über das Pressen bis zur Abfüllung – bleibt bei den Kooperativen vor Ort. Die Frauen erzielen damit ein eigenes Einkommen, das in vielen Fällen über dem ihrer Männer liegt.

Junge Frau kniet beim Auflesen von Arganfrüchten neben geflochtenen Körben.
Geduldige Lese: Die Ernte der Arganfrüchte erfolgt traditionell von Hand.Foto: Argand‘Or

Mit der Unterstützung von Argand’Or und der GIZ entstanden nicht nur neue Verarbeitungsanlagen mit EU-konformen Hygienestandards, sondern auch Alphabetisierungsprogramme, Trainings in Buchhaltung, Qualitätsmanagement und Nachhaltigkeitszertifizierung.

„Wer bei uns arbeitet, lernt auch lesen, schreiben und rechnen“, sagt Fatima Zerouali, Leiterin einer Kooperative nahe Aït Baha. Fatima war Analphabetin – heute verwaltet sie das Budget ihrer Kooperative und führt Verhandlungen mit internationalen Partnern.

Zwei ältere Berberfrauen bei einem Alphabetisierungskurs.
Stärke durch Bildung: Die Alphabetisierung ist Teil des Kooperativenprogramms.Foto: Argand‘Or
Detailaufnahme: Eine Frau rührt in einer traditionellen Steinmühle Argankerne zu Brei.
Traditionelle Handarbeit: In einer Steinmühle werden Argankerne zu einem Brei verarbeitet.Foto: Argand‘Or

Tradition und Technik – kein Widerspruch

Zwar ist die romantisierte Vorstellung der singenden Berberinnen mit Steinmühlen nicht mehr Teil des Alltags – längst arbeiten die Kooperativen mit Edelstahlpressen und modernen Röst- und Filteranlagen. Doch der Kern der Herstellung ist geblieben: Die Frauen sammeln die Arganfrüchte per Hand, zerschlagen die harten Kerne und bewahren das uralte Wissen über den kostbaren Baum und seine Früchte.

Die mechanische Kaltpressung, so Laboranalysen von Argand’Or, liefert dieselbe Qualität wie die UNESCO-geschützte Handpressung – bei besserer Ergonomie und höherem Ertrag.

Frauen in bunter Kleidung knacken Arganfrüchte mit Steinen.
Frauen in bunter Kleidung knacken Arganfrüchte mit Steinen.Foto: Argand‘Or

Zertifizierte Wirkung, mehrfach ausgezeichnet

Die Marke ist nicht nur bio-zertifiziert, ICADA(International Cosmetics And Device Association)-ausgezeichnet und mit diversen Awards wie dem „PETA Vegan Beauty Award“ prämiert. Das Unternehmen ließ auch eine medizinische Pilotstudie zur Wirksamkeit seines Argan-Hautöls durchführen. Demnach habe sich bei 75 Prozent der Probandinnen und Probanden die Hautstruktur und -feuchtigkeit signifikant verbessert, insbesondere bei Neurodermitis, Narben oder Schwangerschaftsstreifen.

Lächelnde Frau mit Kopftuch im Profil.
Stolz und Selbstbewusstsein: Die Kooperativen stärken Frauen und ermöglichen ihnen eine eigene Einnahmequelle.Foto: Argand‘Or

„Ich habe auf meinem beruflichen Weg viele Lebensmittel und Kosmetikprodukte kennengelernt – aber nichts hat mich so beeindruckt wie dieses Öl.

Rudolf Bresink, Gründer von Argand'Or

Rudolf Bresinks große Begeisterung für das Naturprodukt vom Rande des Atlas ist auch nach 20 Jahren ungebrochen: „Die Berberfrauen verwenden es als Schönheitselixier. Selbst Frauen im hohen Alter haben eine erstaunlich glatte und gesunde Haut.“

Heute umfasst das Sortiment der Marke Argand'Or über 25 Pflegeprodukte: von Gesichtspflegeölen über Lippenbalsam bis zu Haarseifen – alles auf Basis von reinem Arganöl, oft ergänzt durch Kaktusfeigenkernöl. Letzteres gilt als das „Botox Nordafrikas“. Es enthält außergewöhnlich hohe Mengen an Vitamin E, Antioxidantien und Linolsäure – perfekt für anspruchsvolle, reife oder irritierte Haut. In Kombination mit Arganöl entsteht eine synergetische Pflegeformel, die sowohl nähren als auch regenerieren soll.

Nahaufnahme von einem guten Dutzend Cremetuben, Fläschchen und Tiegeln auf weißem Untergrund.
Das Sortiment umfasst über 25 Pflegeprodukte: von Gesichtspflegeölen über Lippenbalsam bis zu Haarseifen – alles auf Basis von reinem Arganöl, oft ergänzt durch Kaktusfeigenkernöl.Foto: Argand‘Or

Schutz für Baum und Boden

Auch ökologisch verfolgt Argand’Or einen klaren Auftrag: Der Arganbaum ist nicht nur Öllieferant, sondern auch Bollwerk gegen die Wüstenbildung. Gemeinsam mit der GIZ startete Argand’Or ein Aufforstungsprogramm, finanziert aus dem Produktverkauf. Neue Bäume werden gepflanzt, Weideverbote durchgesetzt, das Wissen um die Pflege des Ökosystems weitergegeben.

„Wer Arganöl konsumiert, schützt eine jahrtausendealte Kulturlandschaft“, sagt Bresink.

Hände setzen einen jungen Arganbaum in die tonfarbene Erde.
Argand’Or investiert einen Teil seiner Einnahmen in die Aufforstung der Arganeraie im Kampf gegen die gegen Wüstenbildung.Foto: Argand‘Or

Ein Extrakt aus Zeit, Erde und Erfahrung

Arganöl ist mehr als ein Wirkstoff – es ist ein Vermächtnis. In ihm verdichten sich die Geschichten von Frauen, die neue Wege gehen. Von einem Landstrich, der bleibt, weil Menschen ihn schützen. Und von einem Baum, der seit Jahrtausenden weiß, wie man unter widrigsten Bedingungen Schönheit bewahrt.

Arganfrüchte in einer Tonschale.
Die Früchte des Arganbaums: jeder Kern ein Schatz.Foto: Argand‘Or

Über die Arganeraie – UNESCO-Biosphärenreservat

Die Arganeraie erstreckt sich über 2,56 Millionen Hektar im Südwesten Marokkos, zwischen Hohem Atlas, Antiatlas und Atlantikküste. Sie ist die Heimat des endemischen Arganbaums (Argania spinosa) und wurde von der UNESCO als Biosphärenreservat anerkannt. Das Gebiet ist ökologisch wie kulturell von globaler Bedeutung. Der Arganbaum hat sich an extreme Trockenheit angepasst und bildet die Grundlage für ein artenreiches Ökosystem. Hier wachsen seltene Pflanzen wie der Marokkanische Lotus. Auch gefährdete Tierarten wie der Wüstenluchs (Felis caracal) oder das Mähnenschaf (Ammotragus lervia) leben hier.

Zunehmende Dürren und extreme Wetterereignisse setzen der Region zu. Die Wiederaufforstung und Pflege der Arganbäume ist daher nicht nur ökologisch, sondern auch existenziell notwendig. Rund 3,5 Millionen Menschen leben in der Arganeraie, etwa 60?Prozent davon auf dem Land. Viele Familien leben von der Landwirtschaft, Schafzucht – und zunehmend von der nachhaltigen Produktion und Vermarktung von Arganöl. Städte wie Agadir und Essaouira sowie historische Dörfer im Reservatsgebiet machen die Region auch touristisch attraktiv.

Hände einer Frau beim Aufschlagen von Arganfrüchten auf einem Steinblock.
Das Knacken der harten Arganfrucht ist Handarbeit.Foto: Argand‘Or

Kooperation mit der GIZ: Wissen statt Almosen

Seit 2005 arbeitet Argand’Or mit der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) zusammen. Ziel: Die Stärkung der Frauenkooperativen durch nachhaltige Entwicklungsprojekte – nicht als Hilfe von außen, sondern als gemeinsamer Aufbau wirtschaftlicher Perspektiven vor Ort

Konkret gefördert wurden:

  • EU-konforme Verarbeitungsanlagen für Arganöl
  • Trainingsprogramme in Buchhaltung, Qualitätsmanagement
    und Zertifizierung
  • Alphabetisierungs- und Bildungskurse für Frauen
    ohne Schulbildung
  • Aufforstungsprojekte zum Schutz der Arganbäume und des Bodens

Die Kooperativen arbeiten heute effizient, hygienisch und marktfähig – ohne ihre kulturelle Identität zu verlieren.

Argand’Or Körperpflegeöl-Flasche auf glänzendem Stoffuntergrund.
„Premium Körper-Pflegeöl mit Arganöl und Kaktusfeigenkernöl“. Preis: 120 ml um 37 Euro.Foto: Argand‘Or

Hautroutine mit Arganöl

Arganöl ist reich an Vitamin E, ungesättigten Fettsäuren und Antioxidantien, unterstützt die Zellregeneration, spendet Feuchtigkeit und schützt vor freien Radikalen. Es eignet sich besonders bei trockener oder reifer Haut, Neurodermitis, Schuppenflechte und Narben, sprödem Haar und empfindlicher Kopfhaut.

Mit seinem extrem hohen Gehalt an Linolsäure und Phytosterolen gilt Kaktusfeigenkernöl als natürliches „Botox“. Es soll straffend und glättend bei Fältchen wirken, entzündungshemmend bei irritierter Haut und regenerierend nach Sonneneinstrahlung. Ein paar Tropfen genügen.

Beides eignet sich auch für Bartpflege, Nagelhaut oder Haarspitzen.

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