Sonntag, 20. April 2025
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Ein Model präsentiert auf dem Laufsteg der Frühjahr/Sommer 2025-Kollektion von Duran Lantink ein auffälliges Outfit. Es trägt ein ärmelloses, leuchtend rotes Oberteil mit Reißverschluss und eine übergroße, skulpturale Kopfbedeckung in rot-weißem Streifenmuster. Der Hintergrund ist neutral und lässt den avantgardistischen Look stark hervortreten. Foto: Duran Lantink
DURAN LANTINK FÜR JEAN PAUL GAULTIER

Enfant terrible beerbt Enfant terrible

Zehn Jahre nach der bewegenden Abschiedsshow von Jean Paul Gaultier kehrt das Haus mit dem Holländer Duran Lantink als Chefdesigner in die Pariser Prêt-à-Porter zurück. Der Neue ist ein würdiger Nachfolger des großen Enfant terrible der Mode.
Foto: Duran Lantink

Gerade eben wurde bekannt gegeben, dass der niederländische Designer Duran Lantink zum ständigen Kreativdirektor des Hauses Jean Paul Gaultier ernannt wurde und seine erste Kollektion Ende September auf der nächsten Pariser Modewoche zeigen wird. Die eigentliche News dieser Personalie ist tatsächlich weniger die Ernennung Lantinks auf diesem Posten als die Rückkehr der ikonischen Marke auf dem Ready-to-wear-Markt.

Duran Lantink wird Kreativdirektor der Marke Gaultier

Die Modeindustrie ächzt unter der aktuellen Weltwirtschaftslage, sogar Luxuskonzerne wie LVMH müssen mit Umsatzrückgängen kämpfen, und die Zollpolitik Donalds Trumps stellt eingefahrene Beschaffungswege infrage. In diesem schwierigen Umfeld bringt der spanische Beautykonzern Puig die Marke Jean Paul Gaultier nach mehr als zehnjähriger Pause zurück auf den Markt.

Der niederländische Designer Duran Lantink steht vor einem Hintergrund mit weißen und blauen vertikalen Streifen. Er trägt ein auffälliges Outfit mit roten und weißen Streifen, das seine Körperform verzerrt und überzeichnet. Nur seine Augen und ein Teil des Gesichts sind sichtbar, während er eine schwarze Baseballkappe trägt und Richtung Kamera blickt.
Der niederländische Designer Duran Lantink in einem seiner charakteristisch überzeichneten Looks – ein Spiel mit Form, Identität und visueller Täuschung.Foto: Courtesy of Jean Paul Gaultier/Walter Pfeiffer

Gastdesigner-Modell in der Haute Couture

Jean Paul Gaultier hatte 2014 angekündigt, sich aus der Prêt-à-Porter-Mode zurückzuziehen. Im März 2015 feierte er mit zahlreichen Stars, Topmodels und Schauspielern, die ein letztes Mal für das Enfant terrible der 1980er-Jahre defilierten, eine fulminante Abschluss-Show im berühmten Pariser Kino Le Grand Rex. Gaultier konzentrierte sich daraufhin auf die Haute Couture. Mit dieser feierte er auch sein 50. Firmenjubiläum, um sich später auch davon zurückzuziehen und ab 2021 sein Haus geladenen Gast-Designern zur Verfügung zu stellen. Unter anderem entwarfen Balmain-Designer Olivier Rousteing, Y-Project-Kreativchef Glenn Martens oder die britische Designerin Simone Rocha für Gaultiers Haute-Couture-Linie.

Mehrere Models laufen über einen Laufsteg in auffälliger, modischer Kleidung. Im Zentrum des Bildes laufen der bekannte französische Modedesigner Jean Paul Gaultier in Jeansjacke und Brille sowie die japanische Designerin Chitose Abe in einem schwarzen T-Shirt mit der Aufschrift „Enfants Terribles“. Im Hintergrund tragen Models transparente, kunstvoll bestickte Outfits sowie Jeansmode.
Jean Paul Gaultier und die japanische Designerin Chitose Abe, umgeben von Models auf dem Catwalk der Haute-Couture-Show für Herbst/Winter 2021/2022.Foto: Catwalkpictures
Ein Model läuft bei der Frühjahr/Sommer-2025-Show von Duran Lantink in einem eng anliegenden, rot-weiß gestreiften Look über den Laufsteg. Das Outfit besteht aus einem ärmellosen Top und Shorts, beide mit horizontalen und vertikalen Streifenmustern. Besonders auffällig: Der rockartige Volumenaufsatz auf Hüfthöhe, der den Look skulptural erweitert. Die Frisur ist streng nach hinten gegelt, der Laufsteg minimalistisch weiß.
Mit dem Wissen von heute ein starker Wink mit dem Zaunpfahl: rot-weiße Streifen in skulpturaler Silhouette – ein Verweis auf Jean Paul Gaultiers Matrosen-Ästhetik, von Duran Lantink neu interpretiert für den Sommer 2025.Foto: Duran Lantink

Duran Lantink – preisgekrönter Darling der Modewelt

Ob die Struktur der Gastdesigner bei der Haute Couture beibehalten wird, ist der Pressemitteilung nicht zu entnehmen. Bis dato ist nur davon die Rede, dass Duran Lantink die Prêt-à-Porter-Kollektion übernehmen wird. Der 37-jährige Holländer begeistert seit Jahren die Modewelt mit seinen kreativen Einfällen und gewann verschiedene der höchstdotierten und begehrtesten Preise dieser Industrie, so den Sonderpreis ANDAM, den Prix LVMH und den Woolmark Prize.

Ein Model läuft auf einem Laufsteg durch einen hellen Innenraum mit modernen Arbeitsplätzen. Es trägt ein skulpturales dunkelblaues Strickkleid mit Rollkragen und stark überbetontem Hüftbereich, der an ein verdrehtes Seil erinnert. Dazu kombiniert sind schwarze Overknee-Lederstiefel und eine voluminöse, strukturierte XXL-Mütze im selben Material und Farbton wie das Kleid.
Ein avantgardistisches Design von Duran Lantink für den Herbst/Winter 2025/2026: Skulpturaler Strick in Dunkelblau trifft auf futuristische Silhouette – getragen mit selbstverständlicher Eleganz.Foto: Catwalkpictures

Ein neues Enfant terrible übernimmt das Ruder

Die Besetzung gilt als gelungen. Jean Paul Gaultier: „Ich sehe in ihm die Energie, den Wagemut und die spielerische Herangehensweise, die ich selbst zu Beginn meiner eigenen Karriere hatte. Er ist das neue Enfant terrible der Mode. Willkommen, Duran.“ Auch der Niederländer sieht sich hier am richtigen Platz: „Für mich steht Gaultier für das Haus, das ultimativ Kreation und Savoir-faire vereint. Diese Maison ist provokativ und überschreitet ständig Grenzen. Es ist die Marke, die die Sprache der Kleidung und die Art und Weise, wie wir sie auf der Straße tragen, verändern kann.“

Der niederländische Designer Duran Lantink läuft lächelnd über einen hellen Laufsteg in einem minimalistischen, modernen Innenraum. Er trägt ein komplett weißes Outfit bestehend aus weitem Oberteil und locker sitzender Hose, dazu schwarze Schnürschuhe und eine schwarze Baseballkappe. Im Hintergrund sind Arbeitsplätze und eine Treppe zu sehen.
Designer Duran Lantink nach seiner Show im September 2024: In schlichtem Weiß und mit entspanntem Lächeln – ein stiller Kontrast zu seinen kraftvollen, skulpturalen Entwürfen.Foto: Calwalkpictures

Designerwechsel und Markenumbrüche prägen die Branche

Ob ein Revival der Marke Gaultier in der aktuellen Krise funktioniert, werden die kommenden Jahre zeigen. Die Modewelt durchläuft gerade einige Umstrukturierungen und hat aktuell mit zahlreichen Designerwechseln auf sich aufmerksam gemacht: Demna Gvasalia von Balenciaga zu Gucci, Louise Trotter von Carven zu Bottega Veneta. Und erst Mitte März wurde bekannt, dass der hochgejubelte Designer J.W. Anderson Loewe verlässt. Auch die nun abgeschlossene Übernahme Versace‘s durch Prada hat die Industrie ziemlich überrascht. Designerwechsel und Übernahmen sind in Krisenzeiten in der Mode nicht ungewöhnlich. Dennoch werden Marken-Revivals, wie das nun von Jean Paul Gaultier, eher in wirtschaftlich stabilen Zeiten gewagt.

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