Sonntag, 20. April 2025
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Luftaufnahme von einer Wasseroberfläche, die durch eine schwimmende Barriere von The Ocean Cleanup diagonal in zwei Teile geteilt wird. Auf der linken Seite ist eine saubere Wasseroberfläche zu sehen, auf der rechten treiben Plastikflaschen, Verpackungen und anderer Müll auf dem Wasser. Foto: The Ocean Cleanup
Mit Barrikaden gegen Plastikmüll

Hiergeblieben!

Im globalen Kampf gegen die Plastikverschmutzung testet die Organisation The Ocean Cleanup neue Technologien und hat bisher mehr als 20 Millionen Kilo Müll aus Flüssen und Meeren gefischt.
Foto: The Ocean Cleanup

Eine türkisfarbene Kette aus schwimmenden Bojen teilt das Wasser in ein Davor und ein Danach. Minute für Minute sammelt sich hinter der Barrikade mehr und mehr Müll, der von großen Baggern aus dem Wasser auf Lastwagen gehoben und abtransportiert wird. Eine Sisyphusarbeit.

Der Interceptor 006 befindet sich im Rio Las Vacas, etwa 16 Kilometer nördlich von Guatemala-Stadt. Rund 1000 Tonnen Müll haben fleißige Bagger bisher allein aus diesem Fluss gefischt und in rund 1000 Lasterladungen abtransportiert. Das Video zeigt im Zeitraffer einen Tag im Betrieb des Interceptors. Video: The Ocean Cleanup

Sisyphusarbeit, die sich lohnt

Der „Interceptor 006“ befindet sich im Rio Las Vacas, etwa 16 Kilometer nördlich von Guatemala-Stadt. Er ist ein Nebenfluss des Rio Motagua – einer der wichtigsten Wasserwege Guatemalas und ein bedeutender Verursacher von Kunststoffemissionen in den Golf von Honduras sowie das karibische Meer. 953 LKW-Ladungen Müll hat die Organisation The Ocean Cleanup nach eigenen Angaben seit April 2023 aus dem Fluss entfernt. 256 Ladungen allein im ersten Testlauf von Ende April bis Mitte Juni 2023.

Barrikaden gegen die Müllflut

Probleme im lokalen Abfallmanagement führen dazu, dass kommunale und sanitäre Abfälle aus Guatemala-Stadt bei starken Regenfällen in den Rio Las Vacas gespült werden. Von dort aus fließt der Müll in den Rio Motagua und weiter an die Küste. The Ocean Cleanup schätzt, dass vor dem Einsatz der Barrikade jährlich bis zu 20 Millionen Kilogramm Kunststoffabfälle aus dem Rio Motagua in den Ozean gelangten – ein Großteil davon über den Rio Las Vacas.

Die Interceptor Barricade ist ein Set aus strategisch platzierten schwimmenden Bojen, die Kunststoff auffangen, während sie gleichzeitig der Kraft des Wassers standhalten und dem Fluss erlauben, ungehindert darunter hindurchzufließen. Die Bojen sind an tief in das Ufer eingelassene Fundamente gekettet und in Beton verankert. Dies soll sicherstellen, dass der Interceptor 006 die notwendige Stärke und Stabilität besitzt, um während der Regenzeit wiederholt enorme Müllmengen zu stoppen und zurückzuhalten.

Ein gelber Lastwagen wird von einem dahinter stehenden Bagger mit Müll gefüllt, der sich vor einer schwimmenden Barrikade im Fluss gesammelt hat.
Mit Baggern wird der am Interceptor 006 im Rio Las Vacas in Guatemala gesammelte Müll auf Lastwagen gehoben und abtransportiert.Foto: The Ocean Cleanup

The Ocean Cleanup: Einsatz an der Quelle

The Ocean Cleanup ist eine weltweit agierende Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Ozeane und Flüsse von Plastikabfällen zu befreien. Gegründet im Jahr 2013 von dem niederländischen Ingenieur und Erfinder Boyan Slat (30), verfolgt die Initiative mit innovativen Technologien das ambitionierte Ziel, die gigantische Menge an Kunststoffmüll in unseren Gewässern zu reduzieren.

Neben der Reinigung der Ozeane liegt ein Schwerpunkt der Arbeit von The Ocean Cleanup auf der Prävention. Ziel ist es, das Eindringen von Plastik in die Gewässer bereits an der Quelle zu stoppen.

Flussreinigungsmaßnahmen weltweit

2024 weitete die Initiative ihr Netzwerk an Fluss-Interzeptoren auf strategisch wichtige Regionen aus: Der „Interceptor Original“ nahm seine Arbeit am Chao Phraya Fluss in Bangkok auf. Er ist Teil einer mehrjährigen Initiative, die Plastikverschmutzung im Golf von Thailand nachhaltig reduzieren soll. Am Rio Motagua in Guatemala kam der „Barricade XL“ zum Einsatz: ein wichtiger Schritt zum Schutz des Golfs von Honduras – einer Region, in der das weltweit zweitgrößte Korallenriff beheimatet ist. Und in Kingston, Jamaika, installierte The Ocean Cleanup den Interceptor 015 in der Sandy Gully, einem der größten Wasserläufe des Landes.

Ein Mann in dunkelblauer Hose und Poloshirt steht vor einem Zwei-Mann-hohen Müllberg, der hauptsächlich aus Plastikflaschen besteht.
Boyan Slat, hier vor einem Müllberg in Guatemala, hat 2013 The Ocean Cleanup gegründet und mit seinem Team weltweit rund 20 Millionen Kilogramm Müll aus Flüssen und Ozeanen herausgefischt.Foto: The Ocean Cleanup

Rekorde im Jahr 2024

Allein im vergangenen Jahr wurden nach Angaben von The Ocean Cleanup mehr als 11,5 Millionen Kilogramm Müll aus Ozeanen und Flüssen entfernt – eine Summe, die alle bisherigen Erfolge der vergangenen Jahre zusammen übertrifft. Bereits im April 2024 feierte das Team einen ersten großen Meilenstein: 10 Millionen Kilogramm Müllbeseitigung, das Ergebnis von sechs Jahren intensiver Fluss- und Ozeanoperationen. Nur sieben Monate später, im November, stieg die kumulierte Menge auf 20 Millionen Kilogramm an.

Lösung für den Great Pacific Garbage Patch

Ein weiterer zentraler Bestandteil der Maßnahmen im Jahr 2024 war der Einsatz im Great Pacific Garbage Patch, ein auf 1,6 Millionen Quadratkilometer geschätzter Müllteppich – oder auch Müllstrudel – im Nordpazifik. Dort spielte das „System 03”, ein gigantisches Gerät an der Wasseroberfläche, eine entscheidende Rolle. Mit 112 Müllbergungs-Aktionen wurden die Effizienz und Sicherheit des Systems – auch im Hinblick auf den Schutz der marinen Tierwelt – getestet und kontinuierlich verbessert, so The Ocean Cleanup.

Im September 2024 meldete die Organisation, dass die Reinigung des Great Pacific Garbage Patch nicht nur technisch realisierbar, sondern auch mit einem prognostizierten Kostenaufwand von 7,5 Milliarden US-Dollar umsetzbar sei. Gründer Boyan Slat ist überzeugt: „Saubere Ozeane können in einem überschaubaren Zeitraum und zu überschaubaren Kosten erreicht werden. Wir haben der Welt gezeigt, dass das Unmögliche jetzt möglich ist. Das Einzige, was fehlt, ist, wer dafür sorgt, dass diese Aufgabe erledigt wird.“

Ein Mann in Jeans und blauem Sweatshirt steht in einer Halle zwischen Fischernetzen und anderen ordentlich zusammengelegten Plastikmüllteilen.
Boyan Slat, Gründer von The Ocean Cleanup: „Dank der harten Arbeit der letzten 10 Jahre verfügt die Menschheit nun über die notwendigen Mittel, um die Ozeane zu säubern. Und zum ersten Mal können wir der Welt sagen, was es kostet, was nötig ist und wie lange es dauern könnte.“Foto: The Ocean Cleanup

Weitere Infos:

Die Beseitigung von Plastikabfällen schützt nicht nur die marinen Ökosysteme, sondern verbessert auch die Lebensbedingungen von Küstengemeinden und reduziert die Belastung der Nahrungskette durch Mikroplastik. Durch ihre Forschung gewinnen die Naturschützer zudem wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse, die Entscheidungsträgern als Basis für zukünftige Maßnahmen dienen sollen.

The Ocean Cleanup setzt auf innovative Technologien und wissenschaftliche Forschung, um die Wirkung der Maßnahmen zu maximieren. Neben der Skalierung der Operationen arbeitet das Unternehmen intensiv daran, Kunststoffabfälle in nützliche Produkte umzuwandeln – in enger Kooperation mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie.

Website von The Ocean Cleanup

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