
Geburtshelferin der Moderne
Das Museum of Modern Art (MoMA) in New York ist für seine Kenner weit mehr als eine Institution – es ist ein Heiligtum moderner und zeitgenössischer Kunst.

Ort der Inspiration
Die MoMa-Sammlung gilt als Maßstab für künstlerische Innovation, von ikonischen Werken wie van Goghs „Sternennacht” und Andy Warhols „Gold Marilyn Monroe” bis zu Rietvelds Zickzack-Stuhl und Computerspielen wie Tetris und Minecraft. Seine Besucher schätzen die unübertroffene Tiefe in den Bereichen Fotografie, Design und Film, die das MoMA inszeniert. Geliebt wird auch die klare, durchdachte Architektur des Gebäudes, die eine intime Begegnung mit der Kunst ermöglicht.
Kuratorisch gilt das MoMA als visionär, immer bereit, die Grenzen dessen, was Kunst sein kann, neu zu definieren. Die Balance zwischen etablierten Meistern und aufstrebenden Talenten macht es für viele zum Ort der Inspiration.

Kunstsammlerin und Mäzenin
Was kaum einer weiß, ist, dass es das MoMA ohne die Kunstsammlerin und Mäzenin Lillie P. Bliss, wohl nicht gäbe. Lillie Plummer Bliss (1864–1931) ist besonders für die Förderung der modernen Kunst in den USA bekannt geworden. Sie gehörte zu den Leihgebern der für die moderne Kunst richtungsweisenden Armory Show, die im Jahr 1913 in New York, Chicago und Boston gezeigt wurde.

Durch weitere Ausstellungsbeteiligungen trug Bliss zur öffentlichen Beachtung dieser Kunst bei, die jedoch bei vielen Betrachtern Unverständnis auslöste. Die seit 1994 wieder regelmäßig stattfindende Kunstmesse Armory Show bringt jedes Jahr die weltweit führenden internationalen Galerien für zeitgenössische und moderne Kunst nach New York. Die nächste Armory Show findet vom 5. bis 7. September 2025 im Javits Convention Center in Manhattan statt.

Geburt der amerikanischen Kunstszene
Lillie P. Bliss war 1929 eine der Gründerinnen des Museum of Modern Art in New York City, neben Abby Aldrich Rockefeller und Mary Quinn Sullivan. Die drei Kunstmäzeninnen trugen maßgeblich zur Entwicklung der amerikanischen Kunstszene im frühen 20. Jahrhundert bei. Bliss war eine leidenschaftliche Unterstützerin von Künstlern und half, deren Werke einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Ihre persönliche Sammlung umfasste Arbeiten von vielen bedeutenden Künstlern dieser Zeit.

Weil es ohne Lillie Plummer Bliss nicht das wäre, was es heute ist, widmet das Museum ihr gerade eine eigene Ausstellung unter dem Namen „Lillie P. Bliss and the Birth of the Modern“. Nach dem Tod der Sammlerin, 1931, nur zwei Jahre nach der Gründung des MoMA, gelangten 150 Kunstwerke ihrer Kollektion als Stiftung an das Museum. Dieser Grundstock der hauseigenen Sammlung umfasst Arbeiten von Künstlern wie Paul Cézanne, Georges Seurat, Paul Gauguin, Henri Matisse, Pablo Picasso und Amedeo Modigliani.
Durch ihre Unterstützung und frühe Anerkennung dieser Künstler legte Lillie P. Bliss den Grundstein für die Rezeption der modernen Kunst in Nordamerika.

„Sie haben etwas zu sagen, das es wert ist, gesagt zu werden, und beanspruchen für sich selbst nur die Freiheit, es auf ihre eigene Weise auszudrücken”, erklärte sie. Ihre großzügige Schenkung, die sie testamentarisch verfügte, ermöglichte auch den Verkauf einzelner Werke, um mit dem Erlös neue Arbeiten für die sinnvolle Erweiterung der Sammlung zu erwerben. So konnte zum Beispiel der Ankauf der „Sternennacht“ von Vincent van Gogh für die Sammlung getätigt werden.

Nur drei „Must Haves“
Nur drei Lieblingswerke von Lillie P. Bliss sollten laut Testament in der Sammlung bleiben: zwei Gemälde von Paul Cézanne, „Stillleben mit Äpfeln“ und „Stillleben mit Ingwergefäß, Zuckerdose und Orangen“ sowie das Bild „Die Wäscherin“ von dem Realisten Honoré Daumier. Bliss verfügte, dass die Bilder dem Metropolitan Museum in New York überlassen werden sollen, sollten sie nicht mehr in die Sammlung des MoMA passen. Dieses Schicksal traf lediglich das Gemälde von Daumier, das heute im Besitz des Metropolitan Museum ist.

Schlüsselfigur der modernen Kunst
Bliss' bemerkenswerter Beitrag zur Geschichte der modernen Kunst in den Vereinigten Staaten wird aus Sicht der Ausstellungskuratorinnen nach wie vor nicht ausreichend gewürdigt. Das liegt zum Teil daran, dass sie sich aus dem Rampenlicht heraushalten wollte; am Ende ihres Lebens bat Bliss darum, dass ihre persönlichen Unterlagen verbrannt werden. Während ein Großteil ihrer persönlichen Geschichte der Fantasie überlassen bleibt, beleuchtet Lillie P. Bliss and the Birth of the Modern diese Schlüsselfigur der modernen Kunstszene anhand der Werke, die sie am meisten liebte.
Infos zur Ausstellung
Lillie P. Bliss and the Birth of the Modern:
Geöffnet bis Samstag, 29. März 2025 im MoMA, New York.