Plastik statt Leder?
Stella McCartney hat sich mit der Tierschutzorganisation PETA zusammengetan und demonstriert während der New Yorker Modewoche mit dem Slogan: „It’s about fucking time to end the use of leather.“ Ist diese Kooperation ein schlauer Move? In meinen Augen: Nein!
Ich bin ein großer Fan von Stella McCartney in Bezug auf ihre Unermüdlichkeit, nachhaltige neue Produkte in ihre Kollektion einzugliedern. Die Engländerin ist die Erste, die Materialien, die ich auf den Stoffmessen entdecke, direkt nutzt. Lange bevor andere es tun. Allerdings steht ihr veganer Approach bei den Accessoires und Schuhen im diametralen Gegensatz zu meinen Werten: konsequent dem Plastik in der Mode abzuschwören. Schuhe und Taschen aus Plastik haben einen sehr kurzen Lebenszyklus, sind nicht belastbar und daher für meinen nachhaltigen Modekonsum keine Lösung.
Plastik als Lösung für alles?
Genau aus diesem Grund bin ich auch kein Fan von PETA, die konsequent Plastik als Lösung für alles in der Mode anbieten, was aus proteinbasierten Materialien besteht (Leder, Wolle, Seide, Kaschmir). Diskussionen mit PETA (und ich hatte so einige) endeten meist in einer Sackgasse: Fakten, basierend auf Experten-Untersuchungen, und andere Meinungen werden nicht akzeptiert, Gespräche abgebrochen.
PETA hat ihre eigenen Quellen. So behauptet die Tierschutzorganisation in der Pressemitteilung, dass „jedes Jahr die Modeindustrie über eine Milliarde Tiere für ihr Leder tötet.“ Woher stammt diese Information? Allgemeine Untersuchungen von Experten haben ergeben, dass rund 90 Prozent des in der Mode genutzten Leders aus der Lebensmittelindustrie kommt. Leder ist seit Jahrtausenden ein Beiprodukt oder Abfall der Fleischindustrie. Das sind Fakten. Neben der Mode ist die Automobil- und die Möbelindustrie der größte Abnehmer der Häute.
Zurück zu den Ursprüngen
„Mit ihrer Kreativität, Innovation und ihrem Mitgefühl hat Stella McCartney die Mode vorangebracht, während einige andere Designer in der Steinzeit stecken geblieben sind und immer noch Kleidung aus Tierhäuten herstellen“, so PETA-Präsidentin Ingrid Newkirk in der Pressemeldung zur aktuellen Aktion. Das mag stimmen, aber wir alle wissen, dass, wenn wir zu den Ursprüngen der Steinzeit der Mode zurückgehen würden, wir sehr viele Probleme los wären. Zurückzugehen zu den Ursprüngen ist das Ziel nachhaltiger Mode und nicht das, was verdammt werden sollte.
Kurzum, um den Slogan aufzugreifen: Es ist „f*** time“ …
… unseren Modekonsum nachhaltiger zu gestalten. Das geht vor allem über einen geringeren Konsum in der Mode.
… weniger Fleisch zu essen.
… die Abholzung im Amazonasgebiet grundsätzlich zu unterbinden. Egal, ob die Abholzung für Rinderweiden (Fleisch, Leder), Ölbohrungen (Erdöl, Plastik) oder Soja stattfindet.
… umweltschädliche Ersatzprodukte, wie Kunstledervarianten (auch mit einer Basis aus Apfel, Kaktus, Spargel etc.), wie auch grundsätzlich Polyester, Acryl, Polyamid aufzugeben.
… in der Mode verwertbare Abfallprodukte anderer Industrien zu nutzen statt sie zu vernichten.
… endlich auf die Wissenschaft zu hören, die eindeutige Untersuchungen und Vergleiche von Ersatzstoffen zu Naturstoffen durchgeführt hat.
Und aber vor allem ist es f*** time, Plastik in der Mode aufzugeben. Denn die Folgen des Plastikverbrauchs in der Mode sind wesentlich schlimmer als die der Nutzung des Abfallprodukts Leder.
Über die aktuelle PETA-Kampagne:
Während der diesjährigen New York Fashion Week startete Stella McCartney zusammen mit PETA USA eine Aktion im Rahmen der PETA-Kampagne „I’d Rather Go Naked“. Die Botschaft: “It’s about fucking time to end the use of leather” („Es ist verdammt noch mal an der Zeit, den Einsatz von Leder zu beenden“). Die Aktion startete im Schaufenster des McCartney-Stores im New Yorker Stadtteil Manhattan, wo sich die Schauspielerin Caylee Cowan und andere Aktive versammelten. Die Demonstrierenden trugen nur Slips sowie Schilder mit der Aufschrift „No Leather Ever“ und marschierten zum Washington Square Park. Die Aktion markiert den Start von Stella McCartneys diesjähriger Winterkollektion und PETAs „No-Leather-Ever“-Versprechen.