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Magazin für modernes Leben
In stimmungsvoller Lichtführung – Schwarz in Schwarz – arbeitet ein Mann in schwarzer Kleidung mit einem großen Busenbrenner an einer Oberfläche, Flammen züngeln. Foto: Janua
Möbelmanufaktur Janua

Am Anfang war das Brett. Dann die Kettensäge. Dann das Feuer.

Es begann mit einer Idee – und einem Brett. Vor 20 Jahren gründete Christian Seisenberger in einem kleinen bayerischen Ort seine eigene Firma. Heute arbeiten dort Menschen mit Holz, das Geschichten mitbringt – und oft auch Spuren. Über Handwerk, Freundschaft und das, was entsteht, wenn man seinem inneren Feuer folgt.
Foto: Janua

Am Anfang stand eine Idee – und ein Monat, in dem Neuanfänge noch ein echtes Versprechen sind. Christian Seisenberger war jung, energiegeladen – und wollte Möbel machen: „Ich war voller Tatendrang, voller Lust, die eigenen Ideen in einem Unternehmen umzusetzen.“ Nicht irgendeine Massenware, sondern Stücke mit Substanz, Charakter und einem festen Platz im Leben ihrer Besitzer. Also gründete er im Januar 2005 die Firma Janua – benannt nach dem ersten Monat des Jahres.

Heute, zwanzig Jahre später, ist aus dem jungen Schreiner ein Unternehmer geworden, dessen Möbel in über 29 Länder exportiert werden. Die Firma mit Sitz in Bayern hat sich von einer kleinen Manufaktur zu einer internationalen Marke mit mehr als 300 Verkaufsstellen entwickelt – ohne ihre Wurzeln zu vergessen.

Ein Mann (Christian Seisenberger) mit kurzem Haar und Bart sitzt an einem dunklen Holztisch, vor einer Rückwand aus dunklen Holzbrettern. Er trägt ein schwarzes T-Shirt und blickt ruhig in die Kamera.
Christian Seisenberger, Gründer von Janua: „Mein Wunsch ist eine stabile und freudvolle Arbeitswelt, in der wir gemeinsam Dinge voranbringen, investieren und Erfolge auch mal genießen können.“ Foto: Janua

Kurze Wege, enge Beziehungen

Seisenbergers Anspruch war von Anfang an klar: Möbel mit Charakter, gefertigt in Zusammenarbeit mit regionalen Handwerksbetrieben. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Rund zehn Partnerbetriebe in Bayern fertigen die gesamte Kollektion, unterstützt von etwa fünfzig festen und freien Mitarbeitenden sowie externen Designerinnen und Designern. Die Wege sind kurz, die Beziehungen eng. Die Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen und Verlässlichkeit.

Was die Marke unterscheidet, ist nicht allein das Design, sondern der Umgang mit dem Material. Die Oberflächenbehandlung der massiven Eichenhölzer spielt eine zentrale Rolle. Methoden wie das Köhlen – bei dem Holz gezielt verkohlt und gebürstet wird – oder das Räuchern mit Ammoniak machen Strukturen sichtbar, statt sie zu verstecken.

Detailaufnahme einer laufenden Kettensäge, die ganz flach an ein massives Holzbrett angesetzt wird – Späne fliegen, die Klinge schwebt fast über das Material.
Präzision mit Power: Bevor das Feuer kommt, sorgt die Kettensäge für Struktur – ein entscheidender Schritt beim Köhlen.Foto: Janua

Köhlen – Holzoberflächen unter Feuer

Bei der Technik des Köhlens wird die rohe Eichenplatte zunächst gehobelt, dann mit der Kettensäge strukturiert und schließlich mit dem Bunsenbrenner verkohlt. Durch anschließendes Bürsten bleiben harte Jahresringe stehen, während weichere Partien weggeschliffen werden. Astlöcher, Risse und Sägespuren verschmelzen zu einer reliefartigen Textur, die zum Abschluss mit Naturharzöl versiegelt wird. Ergebnis: extrem robuste, haptisch markante Oberflächen in unterschiedlich tiefen Schwarz- und Brauntönen.

Lodernde Flammen auf der Oberfläche eines groben Holzstücks beim Köhlen; Hitze und Glut heben die Maserung hervor.
Beim Köhlen wird die Oberfläche bewusst verbrannt – ein Spiel mit dem Feuer, das Charakter schafft. Und Unikate.Foto: Janua
Detailaufnahme: Zwei rußige Hände bearbeiten eine gekühlte Holzplatte – manuell, mit Stahlwolle.
Nach dem Feuer die Feinarbeit: Mit viel Gespür wird jede Fläche gebürstet und veredelt – haptisch wie visuell ein Erlebnis.Foto: Janua

Kooperation mit Stefan Knopp

Seit 2012 arbeitet Christian Seisenberger mit dem österreichischen Holzkünstler Stefan Knopp zusammen. In der „Edition Stefan Knopp“ entstehen Tische wie „Monolith” und „Butterfly”, deren Oberflächen durch Feuer, Kettensäge, Wasser und Pigmente veredelt werden. Die Serie erweitert das Portfolio um ausdrucksstarke Unikate und dient als Experimentierfeld für neue Finish-Varianten.

In stimmungsvoller Lichtführung – Schwarz in Schwarz – arbeitet ein Mann in schwarzer Kleidung mit einem großen Busenbrenner an einer Oberfläche, Flammen züngeln.
Der österreichische Holzkünstler Stefan Knopp arbeitet an einem Tisch für Janua. Bei der Technik des Köhlens wird die rohe Eichenplatte zunächst gehobelt, dann mit der Kettensäge strukturiert und schließlich mit dem Bunsenbrenner verkohlt.Foto: Janua
Ein großer, massiver Tisch aus geköhltem Holz in einem modernen Interieur mit Sichtbetonwänden, Teppich in Blau- und Rottönen und goldfarbenen Tischbeinen; im Hintergrund ein minimalistisches Regal mit schwarzen und goldenen Elementen.
Der Tisch „SK01 Monolith” von Stefan Knopp für Janua, in Eiche geköhlt (Ton Schwarz) und mit Gestell in Messing.Foto: Janua
Detailaufnahme eines Tisches mit stark strukturierter grauschwarzer Holzoberfläche, flankiert von cognacfarbenen Polsterstühlen; im Hintergrund eine Zeitschriftenwand.
Tisch „SK 08 Butterfly” von Stefan Knopp für Janua. Zeitschriftenregal „Bag4Good” und die Schale „Ritual”, ebenfalls aus der Edition Stefan Knopp. Stühle von Freifrau, Teppich
von Jan Kath.
Foto: Janua

Räuchern – Reaktion mit Geschichte

Der dunkle, fast geheimnisvolle Farbton der Raucheiche hat seinen Ursprung nicht etwa im Labor, sondern im Stall. Früher wunderten sich Bauern über die rasche, intensive Verfärbung ihrer Eichenbalken – bis klar wurde: Verantwortlich war das Ammoniak aus den Ausdünstungen von Pferden und Rindern, das mit der im Holz enthaltenen Gerbsäure reagiert.

Ein Kalb liegt auf einem Strohbett in einem rustikalen alten Stall mit Holzverschlägen und Betondecke.

Bildunterschrift (BU):
Der Ursprung der Räuchereiche: In alten Stallungen reagierte die Gerbsäure des Eichenholzes mit den ammoniakhaltigen Ausdünstungen der Tiere – und färbte das Holz auf natürliche Weise dunkel.
Der Ursprung der Raucheiche: In alten Stallungen reagierte die Gerbsäure des Eichenholzes mit den ammoniakhaltigen Ausdünstungen der Tiere – und färbte das Holz auf natürliche Weise dunkel.Foto: Janua

Was einst als Nebeneffekt galt, wurde zur Technik: Beim Räuchern wird dieser Prozess gezielt herbeigeführt. Der Farbton lässt sich dabei nicht exakt steuern – jedes Brett reagiert anders. So entstehen natürliche Nuancen und individuelle Schattierungen, die sich auch innerhalb eines Möbelstücks abzeichnen. Wenn es etwas homogener sein soll, kann mit Pigmentstufen wie „Weiß Roheffekt“ oder „Anthrazit“ nachgeholfen werden.

Ovaler Holztisch in warmem Braunton mit markanter Maserung und Lamellenfuß, gedeckt mit einer Schale voller Orangen, einem schwarzen Keramikobjekt und einem Teller mit geschälter Frucht; umgeben von cognacfarbenen Lederstühlen.
Tisch „Basket” in Bootsform, mit einer ovalen Tischplatte aus Raucheiche.Foto: Janua

Werkstoff mit Vergangenheit

Auch Altholz wie zum Beispiel aus jahrhundertealten Abbruchscheunen findet bei Janua Verwendung – Balken, Bohlen und Dielen, die jahrzehntelang Wind, Wetter und täglicher Nutzung ausgesetzt waren. Jeder Riss, jede Verfärbung erzählt von früherer Funktion und Herkunft. Statt diese Spuren zu tilgen, werden sie bewusst hervorgehoben: das Gelebte, Unperfekte, Authentische – als sichtbarer Ausdruck von Charakter und Geschichte..

Ein teilweise abgebautes, skelettiertes Holzhaus aus dunklem, verwittertem Gebälk steht im Sonnenlicht vor einer Bergkulisse. Die Struktur zeigt freigelegte Sparren und Tragbalken; dahinter bewaldete Hügel und blauer Himmel.
Wertschätzung für das Material: Aus dem Holz historischer Scheunen entstehen Möbel mit sichtbarer Geschichte – mit Rissen, Astlöchern und Patina. Foto: Janua
Ein alter, wettergegerbter Holzbalken mit eingravierter Jahreszahl „1730“.
Balken aus längst vergangenen Jahrhunderten sind der Werkstoff mancher Janua-Tische. Aus Abbruch wird Ausdruck. Fotos: Janua

Ein Möbelstück, das für Seisenberger exemplarisch für Janua steht, ist der Tisch „Butterfly“. „Dieses Stück erfordert Erfahrung, Leidenschaft und ein tiefes Gefühl für den Rohstoff Holz. Es ist faszinierend, wie aus zwei simplen Brettern ein Butterfly entsteht“, sagt er. Doch nicht jedes Holz sei dafür geeignet. „Daher braucht es handwerkliches Gespür und Expertise. Genau das unterscheidet den Butterfly von herkömmlichen Tischen.“

Verantwortung beginnt im Wald

Der Umgang mit Ressourcen ist durchdacht. Verpackungen bestehen aus Kartonagen, Möbeldecken werden wiederverwendet. Und gemeinsam mit langjährigen Partnern wie dem Holzhändler Mike Kriwet pflanzt Janua Bäume – über 600 Eichen und Douglasien bislang. Die Herkunft des Materials sei ebenso wichtig wie der verantwortungsvolle Umgang damit.

Ein Mann (Mike Kriwet) steht lächelnd und mit verschränkten Armen auf einem gestapelten, grob zugeschnittenen Holzstapel in einer Halle voller gelagerter Holzbohlen; im Hintergrund ein Gabelstapler, die Halle ist von Holzwänden und -regalen eingerahmt.
Mike Kriwet, Holzhändler und Partner der ersten Stunde, in seinem Holzlager: „Christian hat sich nicht einfach beliefern lassen – er hat selbst mit angepackt. Das war die Zeit, in der alles begann – mit viel Leidenschaft und noch mehr Tatendrang.“ Kriwets Lieblingsmöbel: der Tisch „BB 11 Clamp“ aus Altholz.Foto: Janua

Wachstum werde im Unternehmen nicht in Umsatz oder Mitarbeiterzahlen gemessen, sagt Seisenberger. „Stattdessen wünsche ich mir Wachstum in Erfahrung, Qualität und Effizienz.“ Was zählt, sei eine Arbeitswelt, in der man gemeinsam vorankommt – ohne permanenten Druck. „Das Wichtigste ist, dass Janua eine etablierte Marke bleibt und unsere Werte im Mittelpunkt stehen: Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Qualität.“

Ein massiver Tisch aus Altholz mit charakteristischer Maserung und Stahlkufen-Gestell steht in einem modernen Raum mit Fischgrätparkett. Drei dunkel gepolsterte Stühle und eine große schwarze Pendelleuchte rahmen den Tisch, an der Wand ein nostalgisches „Gulf“-Emailschild.
Der „BB 11 Clamp“ – gefertigt aus Altholz. „Man sieht dem Holz sein gelebtes Leben an: Risse, Astlöcher, Patina“, sagt Mike Kriwet, Holzhändler in Mühldorf am Inn. Foto: Janua

Dass Janua inzwischen mit dem Titel „Marke des Jahrhunderts“ ausgezeichnet wurde, empfindet Seisenberger als „echten Ritterschlag“. Trotzdem bleiben es oft die kleinen, zwischenmenschlichen Momente, die ihm besonders im Gedächtnis geblieben sind: „Nach harter Arbeit, kurz vor dem Jahresende, zusammen mit dem Team und Freunden ausgelassen zu feiern, das bedeutet mir viel. Genau solche Momente spiegeln unsere Werte und das Familiäre bei Janua wider.“

„Janua ist für mich weit mehr als nur ein Unternehmen“, sagt Seisenberger im Rückblick. „Es ist mein Beruf und meine Berufung zugleich. Mit Janua konnte ich mir meinen Traum erfüllen, den ich als junger 22-Jähriger hatte: Möbel zu schaffen, die nicht nur regional geschätzt, sondern weltweit vertrieben werden.“

„Gemeinsam Dinge voranbringen”

Und wenn er nach der Zukunft gefragt wird, dann bleibt er bei dem, was das Unternehmen stark gemacht hat: „Mein Wunsch ist eine stabile und freudvolle Arbeitswelt, in der wir gemeinsam Dinge voranbringen, investieren und Erfolge auch mal genießen können – ohne ständig unter Druck zu stehen.“

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