
Am Anfang war das Brett. Dann die Kettensäge. Dann das Feuer.
Am Anfang stand eine Idee – und ein Monat, in dem Neuanfänge noch ein echtes Versprechen sind. Christian Seisenberger war jung, energiegeladen – und wollte Möbel machen: „Ich war voller Tatendrang, voller Lust, die eigenen Ideen in einem Unternehmen umzusetzen.“ Nicht irgendeine Massenware, sondern Stücke mit Substanz, Charakter und einem festen Platz im Leben ihrer Besitzer. Also gründete er im Januar 2005 die Firma Janua – benannt nach dem ersten Monat des Jahres.
Heute, zwanzig Jahre später, ist aus dem jungen Schreiner ein Unternehmer geworden, dessen Möbel in über 29 Länder exportiert werden. Die Firma mit Sitz in Bayern hat sich von einer kleinen Manufaktur zu einer internationalen Marke mit mehr als 300 Verkaufsstellen entwickelt – ohne ihre Wurzeln zu vergessen.

Kurze Wege, enge Beziehungen
Seisenbergers Anspruch war von Anfang an klar: Möbel mit Charakter, gefertigt in Zusammenarbeit mit regionalen Handwerksbetrieben. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Rund zehn Partnerbetriebe in Bayern fertigen die gesamte Kollektion, unterstützt von etwa fünfzig festen und freien Mitarbeitenden sowie externen Designerinnen und Designern. Die Wege sind kurz, die Beziehungen eng. Die Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen und Verlässlichkeit.
Was die Marke unterscheidet, ist nicht allein das Design, sondern der Umgang mit dem Material. Die Oberflächenbehandlung der massiven Eichenhölzer spielt eine zentrale Rolle. Methoden wie das Köhlen – bei dem Holz gezielt verkohlt und gebürstet wird – oder das Räuchern mit Ammoniak machen Strukturen sichtbar, statt sie zu verstecken.

Köhlen – Holzoberflächen unter Feuer
Bei der Technik des Köhlens wird die rohe Eichenplatte zunächst gehobelt, dann mit der Kettensäge strukturiert und schließlich mit dem Bunsenbrenner verkohlt. Durch anschließendes Bürsten bleiben harte Jahresringe stehen, während weichere Partien weggeschliffen werden. Astlöcher, Risse und Sägespuren verschmelzen zu einer reliefartigen Textur, die zum Abschluss mit Naturharzöl versiegelt wird. Ergebnis: extrem robuste, haptisch markante Oberflächen in unterschiedlich tiefen Schwarz- und Brauntönen.


Kooperation mit Stefan Knopp
Seit 2012 arbeitet Christian Seisenberger mit dem österreichischen Holzkünstler Stefan Knopp zusammen. In der „Edition Stefan Knopp“ entstehen Tische wie „Monolith” und „Butterfly”, deren Oberflächen durch Feuer, Kettensäge, Wasser und Pigmente veredelt werden. Die Serie erweitert das Portfolio um ausdrucksstarke Unikate und dient als Experimentierfeld für neue Finish-Varianten.



von Jan Kath.Foto: Janua
Räuchern – Reaktion mit Geschichte
Der dunkle, fast geheimnisvolle Farbton der Raucheiche hat seinen Ursprung nicht etwa im Labor, sondern im Stall. Früher wunderten sich Bauern über die rasche, intensive Verfärbung ihrer Eichenbalken – bis klar wurde: Verantwortlich war das Ammoniak aus den Ausdünstungen von Pferden und Rindern, das mit der im Holz enthaltenen Gerbsäure reagiert.

Was einst als Nebeneffekt galt, wurde zur Technik: Beim Räuchern wird dieser Prozess gezielt herbeigeführt. Der Farbton lässt sich dabei nicht exakt steuern – jedes Brett reagiert anders. So entstehen natürliche Nuancen und individuelle Schattierungen, die sich auch innerhalb eines Möbelstücks abzeichnen. Wenn es etwas homogener sein soll, kann mit Pigmentstufen wie „Weiß Roheffekt“ oder „Anthrazit“ nachgeholfen werden.

Werkstoff mit Vergangenheit
Auch Altholz wie zum Beispiel aus jahrhundertealten Abbruchscheunen findet bei Janua Verwendung – Balken, Bohlen und Dielen, die jahrzehntelang Wind, Wetter und täglicher Nutzung ausgesetzt waren. Jeder Riss, jede Verfärbung erzählt von früherer Funktion und Herkunft. Statt diese Spuren zu tilgen, werden sie bewusst hervorgehoben: das Gelebte, Unperfekte, Authentische – als sichtbarer Ausdruck von Charakter und Geschichte..


Ein Möbelstück, das für Seisenberger exemplarisch für Janua steht, ist der Tisch „Butterfly“. „Dieses Stück erfordert Erfahrung, Leidenschaft und ein tiefes Gefühl für den Rohstoff Holz. Es ist faszinierend, wie aus zwei simplen Brettern ein Butterfly entsteht“, sagt er. Doch nicht jedes Holz sei dafür geeignet. „Daher braucht es handwerkliches Gespür und Expertise. Genau das unterscheidet den Butterfly von herkömmlichen Tischen.“
Verantwortung beginnt im Wald
Der Umgang mit Ressourcen ist durchdacht. Verpackungen bestehen aus Kartonagen, Möbeldecken werden wiederverwendet. Und gemeinsam mit langjährigen Partnern wie dem Holzhändler Mike Kriwet pflanzt Janua Bäume – über 600 Eichen und Douglasien bislang. Die Herkunft des Materials sei ebenso wichtig wie der verantwortungsvolle Umgang damit.

Wachstum werde im Unternehmen nicht in Umsatz oder Mitarbeiterzahlen gemessen, sagt Seisenberger. „Stattdessen wünsche ich mir Wachstum in Erfahrung, Qualität und Effizienz.“ Was zählt, sei eine Arbeitswelt, in der man gemeinsam vorankommt – ohne permanenten Druck. „Das Wichtigste ist, dass Janua eine etablierte Marke bleibt und unsere Werte im Mittelpunkt stehen: Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Qualität.“

Dass Janua inzwischen mit dem Titel „Marke des Jahrhunderts“ ausgezeichnet wurde, empfindet Seisenberger als „echten Ritterschlag“. Trotzdem bleiben es oft die kleinen, zwischenmenschlichen Momente, die ihm besonders im Gedächtnis geblieben sind: „Nach harter Arbeit, kurz vor dem Jahresende, zusammen mit dem Team und Freunden ausgelassen zu feiern, das bedeutet mir viel. Genau solche Momente spiegeln unsere Werte und das Familiäre bei Janua wider.“
„Janua ist für mich weit mehr als nur ein Unternehmen“, sagt Seisenberger im Rückblick. „Es ist mein Beruf und meine Berufung zugleich. Mit Janua konnte ich mir meinen Traum erfüllen, den ich als junger 22-Jähriger hatte: Möbel zu schaffen, die nicht nur regional geschätzt, sondern weltweit vertrieben werden.“
„Gemeinsam Dinge voranbringen”
Und wenn er nach der Zukunft gefragt wird, dann bleibt er bei dem, was das Unternehmen stark gemacht hat: „Mein Wunsch ist eine stabile und freudvolle Arbeitswelt, in der wir gemeinsam Dinge voranbringen, investieren und Erfolge auch mal genießen können – ohne ständig unter Druck zu stehen.“