
„Klarheit ist unsere Stärke“
Quadrat trifft Kreis – und bleibt Kult: Die Uhrenmarke Bell & Ross feiert 20 Jahre ihr ikonisches BR-Design mit neuen Modellen wie der BR-03 Skeleton und der limitierten Diver Lum Outline. CEO Carlos Rosillo erklärt, warum klare Werte wichtiger sind als schnelle Trends. Und warum nur der Gummiball fallen darf.
Monsieur Rosillo, wie ist das Jahr für Bell & Ross bisher gelaufen?
Sehr gut – obwohl das Umfeld instabil ist. In einer Zeit, in der die Welt unberechenbar scheint, gibt es für uns zwei Konstanten, auf die wir uns verlassen können: unsere strategische Klarheit und die Relevanz unserer Produkte. Beides zahlt sich aus. Dazu kommen Werte, die wir hochhalten – und ein Design, das einfach funktioniert. Ich rede nicht von „günstigen Preisen“, sondern von einem echten „Good Value“: Unsere Produkte überraschen, sie sind technisch solide und ästhetisch überzeugend. Dann spielt der Preis oft gar keine große Rolle mehr – es gibt keinen Widerstand.

Woher kommt diese Klarheit im Design?
Sie kommt aus der Einfachheit. Unser Design ist effizient, schnörkellos – wie im Geist von Braun. Das ist fast germanisch: kein Chichi, sondern technische Klarheit. Diese DNA ist in jeder unserer Uhren erkennbar. Die berühmte quadratische Form mit dem runden Zifferblatt ist mittlerweile ikonisch. Wenn man diese Form sieht, denkt man sofort an Bell & Ross.
Ihre Uhren wirken mal sehr offroad, fast militärisch, mal sehr zivil und elegant. Wie passt das zusammen?
Ganz natürlich. Wir haben die sehr technischen, professionellen Modelle – und zugleich feinere Varianten, wie etwa die 36-Millimeter-Version, die sehr elegant und angenehm zu tragen ist. Diese Vielfalt basiert auf einer einfachen strategischen Idee und einem klaren Design – das seit über 20 Jahren Bestand hat. Und genau das schafft Vertrauen in einem schwierigen Markt.

Bell & Ross geht seit über zwei Jahrzehnten konsequent seinen Weg – wie wichtig ist Ihnen diese Beständigkeit?
Ungemein. Natürlich kann man punktuell Erfolg haben oder Trends mitnehmen – aber langfristig erfolgreich ist nur, wer einen klaren Weg geht. So wie eine Person, die man versteht, weil sie authentisch ist, ist auch eine Marke nur dann stark, wenn sie sich treu bleibt. Unsere Uhren sind technisch ausgereift, unsere Materialien und Werke anspruchsvoll – wir haben uns einen Ruf erarbeitet, auch in der Schweiz, bei den großen Namen der Branche. Und das ist der Lohn für jahrelange Arbeit.
War diese Klarheit von Anfang an da?
Als wir die Marke gründeten, waren wir jung, leidenschaftlich, vielleicht auch ein wenig sorglos. Aber wir hatten Glück, die richtigen Menschen zu treffen. Und wir haben uns nie verbogen. In allen Herausforderungen, die es gab, haben wir uns angepasst – ohne unsere Werte zu verraten. Charakter ist wichtiger als Kapital. Selbst große Konzerne mit viel Geld mögen keine Verluste. Es geht also nicht nur ums Durchhalten, sondern darum, einen inneren Kompass zu haben.

Gibt es ein Bild, das für Sie besonders prägend ist?
Ja, ein Zitat eines einstigen CEO von Coca-Cola. Er sagte, das Leben sei wie ein Jonglierakt mit fünf Bällen – einer aus Gummi, die anderen aus Kristall: Gesundheit, Freundschaft, Liebe, Geist. Der Gummiball steht für die Arbeit – und der darf fallen, aber die anderen vier nicht. Das hat mich tief berührt. Gerade in Krisenzeiten wird klar, was wirklich zählt – auch im Business.
Wie geht Bell & Ross mit diesen komplexen Zeiten um?
Indem wir Klarheit behalten. Wir wissen, wer wir sind, wo wir hinwollen – jetzt geht es darum, das konsequent umzusetzen. Das ist eine große Hilfe in einem sich ständig verändernden Umfeld.

Welche Märkte sind aktuell besonders relevant für Sie?
Die USA waren schon immer ein starker Markt und bleiben es auch. Besonders stark wachsen wir aber in Asien, vor allem in Japan. Europa ist schwieriger geworden – das liegt vor allem an der sinkenden Kaufkraft, auch bei Menschen mit eigentlich guter finanzieller Basis. Viele sind einfach vorsichtig geworden. Doch weil wir preislich bewusst bodenständig geblieben sind, bleiben wir auch hier relevant.

Wie hat sich Ihre Preispolitik über die Jahre entwickelt?
Als wir bei Colette* gestartet sind, lagen unsere Preise etwas niedriger, aber schon damals oberhalb des typischen Einstiegssegments. Wir wollten nie Massenprodukte anbieten – und heute sehen wir, dass der Markt unter 1.000 Euro von digitalen Uhren dominiert wird. Dort hat klassische Uhrmacherei kaum noch eine Chance. Unser Kern liegt im Bereich zwischen 4.000 und 10.000 Euro – da sind wir stark. Darüber hinaus gibt es auch spannende Angebote, aber das ist ein kleinerer, selektiverer Markt – mit starken Ausnahmen, etwa in Singapur oder Teilen der USA.
Zum Schluss: Was bleibt für Sie das Wichtigste? Sich nicht zu irren – und sich anzupassen. Flexibilität, ohne Prinzipien aufzugeben. Klarheit in Strategie und Design ist dabei unser wichtigstes Werkzeug. Und gute Menschen an der Seite zu haben.

Über Bell & Ross:
Gemeinsam mit seinem Kompagnon Bruno Belamich („Bell“) gründete Carlos Rosillo („Ross“) 1992 in Paris die Uhrenmarke Bell & Ross, die für professionelles Design, technische Exzellenz und militärische Funktionalität steht. Die beiden etablierten mit dem quadratischen Gehäuse und rundem Zifferblatt eine ikonische Designsprache, inspiriert von Flugzeuginstrumenten. Die Marke vereint französische Kreativität mit Schweizer Uhrmacherkunst und ist heute weltweit vertreten.

Bell & Ross hat seinen Hauptsitz nach wie vor in Paris, die Uhrenproduktion selbst findet jedoch in La Chaux-de-Fonds statt – einer historischen Hochburg der Schweizer Uhrmacherei. Dort werden die Modelle montiert, reguliert und geprüft.
2005 stieg Chanel bei Bell & Ross als Anteilseigner ein. Heute hält das Haus eine Mehrheitsbeteiligung und unterstützt Bell & Ross mit industrieller Infrastruktur, zum Beispiel durch G&F Châtelain, Chanels eigene Fertigungseinheit für Uhrwerke und Komponenten. Trotz der Zugehörigkeit zu Chanel agiert Bell & Ross weitgehend unabhängig in Kreativ- und Markenführung, unter der Leitung von Carlos Rosillo als CEO und Bruno Belamich als Creative Director.
*Über Colette:
Colette war ein legendärer Concept Store in Paris, der von 1997 bis Dezember 2017 existierte. Es lag in der Rue Saint-Honoré Nr. 213 und galt über zwei Jahrzehnte als einer der einflussreichsten Orte für Mode, Design, Kunst, Musik und Streetwear weltweit. Colette Rousseaux gründete den Laden zusammen mit ihrer Tochter Sarah Andelman, die als Einkäuferin und Kreativdirektorin zur Schlüsselfigur wurde.
Colette erfand das heute so überstrapazierte Kuratieren und kombinierte Luxus-Mode mit Streetwear, Kunstbüchern, Technik-Gadgets, Parfüms und Limited Editions – oft in exklusiven Kollaborationen. Marken wie Supreme, Comme des Garçons, Nike, Chanel oder Balenciaga präsentierten dort Special Drops, oft vor allen anderen. Das Geschäft war bekannt dafür, junge Marken und Designer früh zu entdecken – unter anderem auch Bell & Ross, wie Carlos Rosillo im Interview erwähnt.