Freitag, 11. Juli 2025
Freitag, 11.07.25
Logo Substantial Times
Magazin für modernes Leben
Carlos Rosillo, CEO von Bell & Ross, steht in einem modernen verglasten Gebäude mit weitem Blick über die Stadt; er trägt einen dunklen Anzug und eine Bell & Ross-Uhr am Handgelenk. Foto: Bell & Ross
IM GESPRÄCH MIT BELL & ROSS-CEO CARLOS ROSILLO

„Klarheit ist unsere Stärke“

Was braucht es, um eine ikonische Marke über Jahrzehnte relevant zu halten? Ein Gespräch mit Carlos Rosillo, Mitgründer und CEO der Uhrenmarke Bell & Ross, über Klarheit, Konsequenz – und den Mut zur Reduktion.
Foto: Bell & Ross

Quadrat trifft Kreis – und bleibt Kult: Die Uhrenmarke Bell & Ross feiert 20 Jahre ihr ikonisches BR-Design mit neuen Modellen wie der BR-03 Skeleton und der limitierten Diver Lum Outline. CEO Carlos Rosillo erklärt, warum klare Werte wichtiger sind als schnelle Trends. Und warum nur der Gummiball fallen darf.

Monsieur Rosillo, wie ist das Jahr für Bell & Ross bisher gelaufen?

Sehr gut – obwohl das Umfeld instabil ist. In einer Zeit, in der die Welt unberechenbar scheint, gibt es für uns zwei Konstanten, auf die wir uns verlassen können: unsere strategische Klarheit und die Relevanz unserer Produkte. Beides zahlt sich aus. Dazu kommen Werte, die wir hochhalten – und ein Design, das einfach funktioniert. Ich rede nicht von „günstigen Preisen“, sondern von einem echten „Good Value“: Unsere Produkte überraschen, sie sind technisch solide und ästhetisch überzeugend. Dann spielt der Preis oft gar keine große Rolle mehr – es gibt keinen Widerstand.

Quadratische Armbanduhr Bell & Ross BR 01-92 mit mattschwarzem Zifferblatt, weißen arabischen Ziffern bei 12, 3, 6 und 9, breiten Zeigern, vier sichtbaren Schrauben am Edelstahlgehäuse und schwarzem Kautschukarmband mit „BR“-Prägung.
Die 2005 vorgestellte BR 01-92 markierte einen Wendepunkt für Bell & Ross: Mit ihrem quadratischen 46-mm-Gehäuse, den vier sichtbaren Schrauben und dem klaren, von Cockpits inspirierten Design wurde sie zur Ikone funktionaler Uhrmacherei.Foto: Bell & Ross

Woher kommt diese Klarheit im Design?

Sie kommt aus der Einfachheit. Unser Design ist effizient, schnörkellos – wie im Geist von Braun. Das ist fast germanisch: kein Chichi, sondern technische Klarheit. Diese DNA ist in jeder unserer Uhren erkennbar. Die berühmte quadratische Form mit dem runden Zifferblatt ist mittlerweile ikonisch. Wenn man diese Form sieht, denkt man sofort an Bell & Ross.

Ihre Uhren wirken mal sehr offroad, fast militärisch, mal sehr zivil und elegant. Wie passt das zusammen?

Ganz natürlich. Wir haben die sehr technischen, professionellen Modelle – und zugleich feinere Varianten, wie etwa die 36-Millimeter-Version, die sehr elegant und angenehm zu tragen ist. Diese Vielfalt basiert auf einer einfachen strategischen Idee und einem klaren Design – das seit über 20 Jahren Bestand hat. Und genau das schafft Vertrauen in einem schwierigen Markt.

Bell & Ross BR 03-92 Uhr mit 42-mm-Edelstahlgehäuse, schwarzem Zifferblatt, weißen Ziffern und Zeigern, vier Gehäuseschrauben, schwarzem Kautschukarmband mit „BR“-Prägung; daneben Pilotenbrille und Flughelm auf gebürsteter Metalloberfläche.
Mit der BR 03 brachte Bell & Ross 2006 eine kompaktere Variante der ikonischen BR 01 auf den Markt. Das 42-mm-Gehäuse mit dem typischen „Rund-im-Quadrat“-Design und vier Schrauben macht das Modell tragbarer – ohne auf die markante Ästhetik zu verzichten. Foto: Bell & Ross

Bell & Ross geht seit über zwei Jahrzehnten konsequent seinen Weg – wie wichtig ist Ihnen diese Beständigkeit?

Ungemein. Natürlich kann man punktuell Erfolg haben oder Trends mitnehmen – aber langfristig erfolgreich ist nur, wer einen klaren Weg geht. So wie eine Person, die man versteht, weil sie authentisch ist, ist auch eine Marke nur dann stark, wenn sie sich treu bleibt. Unsere Uhren sind technisch ausgereift, unsere Materialien und Werke anspruchsvoll – wir haben uns einen Ruf erarbeitet, auch in der Schweiz, bei den großen Namen der Branche. Und das ist der Lohn für jahrelange Arbeit.

War diese Klarheit von Anfang an da?

Als wir die Marke gründeten, waren wir jung, leidenschaftlich, vielleicht auch ein wenig sorglos. Aber wir hatten Glück, die richtigen Menschen zu treffen. Und wir haben uns nie verbogen. In allen Herausforderungen, die es gab, haben wir uns angepasst – ohne unsere Werte zu verraten. Charakter ist wichtiger als Kapital. Selbst große Konzerne mit viel Geld mögen keine Verluste. Es geht also nicht nur ums Durchhalten, sondern darum, einen inneren Kompass zu haben.

Mann mit dunkelblauer Jacke trägt eine Bell & Ross BR 03 mit 41-mm-Gehäuse und blauem Zifferblatt am Handgelenk; die quadratische Uhr mit Lederarmband hebt sich stilvoll vom sportlich-eleganten Outfit ab.
Mit der neuen BR 03 von 2023 verfeinert Bell & Ross sein ikonisches Design subtil: Das 41-mm-Gehäuse wirkt moderner, bleibt aber der charakteristischen Formsprache treu – ein perfektes Gleichgewicht zwischen technischer Funktion und urbaner Eleganz. Foto: Bell & Ross

Gibt es ein Bild, das für Sie besonders prägend ist?

Ja, ein Zitat eines einstigen CEO von Coca-Cola. Er sagte, das Leben sei wie ein Jonglierakt mit fünf Bällen – einer aus Gummi, die anderen aus Kristall: Gesundheit, Freundschaft, Liebe, Geist. Der Gummiball steht für die Arbeit – und der darf fallen, aber die anderen vier nicht. Das hat mich tief berührt. Gerade in Krisenzeiten wird klar, was wirklich zählt – auch im Business.

Wie geht Bell & Ross mit diesen komplexen Zeiten um?

Indem wir Klarheit behalten. Wir wissen, wer wir sind, wo wir hinwollen – jetzt geht es darum, das konsequent umzusetzen. Das ist eine große Hilfe in einem sich ständig verändernden Umfeld.

Bell & Ross BR-03 Skeleton Uhr mit offenem Zifferblatt und schwarzem Gehäuse, platziert auf dunklem Untergrund neben Uhrmacherwerkzeugen und einem skelettierten Uhrwerk; die sichtbare Mechanik steht im Fokus des Designs.
Mit der BR-03 Skeleton hebt Bell & Ross 2025 seine ikonische Designsprache auf ein neues Level: Das skelettierte Zifferblatt offenbart ein maßgeschneidertes Uhrwerk – Ausdruck technischer Raffinesse und uhrmacherischer Präzision, eingefasst in modernste Materialien.Foto: Bell & Ross

Welche Märkte sind aktuell besonders relevant für Sie?

Die USA waren schon immer ein starker Markt und bleiben es auch. Besonders stark wachsen wir aber in Asien, vor allem in Japan. Europa ist schwieriger geworden – das liegt vor allem an der sinkenden Kaufkraft, auch bei Menschen mit eigentlich guter finanzieller Basis. Viele sind einfach vorsichtig geworden. Doch weil wir preislich bewusst bodenständig geblieben sind, bleiben wir auch hier relevant.

Taucher mit schwarzem Neoprenanzug trägt die Bell & Ross BR 03 Diver Lum Outline mit schwarz-matter Keramikhülle und grün leuchtenden Markierungen am Handgelenk; die Uhr zeigt ein klares, konturiertes Zifferblatt mit einseitig drehbarer Lünette, perfekt lesbar dank Neon-artiger Lumineszenz.
Die BR 03 Diver Lum Outline ist das neueste Mitglied der BR-03-Kollektion und kombiniert höchste Funktionalität mit einem markanten Lichtkonzept: Die Konturbeleuchtung im Stil von Neonschimmer sorgt für perfekte Ablesbarkeit unter Wasser – und für eine starke visuelle Präsenz an Land. Die auf 500 Stück limitierte Taucheruhr verfügt über ein 42-mm-Gehäuse aus mikrogestrahlter schwarzer Keramik, ist bis 300 Meter wasserdicht und erfüllt alle Anforderungen der ISO-6425-Zertifizierung. Eine einseitig drehbare Lünette, verschraubte Krone und ein robustes Automatikwerk mit 54 Stunden Gangreserve machen sie zu einem professionellen Instrument – entwickelt für Einsätze, bei denen jedes Detail zählt. Foto: Bell & Ross

Wie hat sich Ihre Preispolitik über die Jahre entwickelt?

Als wir bei Colette* gestartet sind, lagen unsere Preise etwas niedriger, aber schon damals oberhalb des typischen Einstiegssegments. Wir wollten nie Massenprodukte anbieten – und heute sehen wir, dass der Markt unter 1.000 Euro von digitalen Uhren dominiert wird. Dort hat klassische Uhrmacherei kaum noch eine Chance. Unser Kern liegt im Bereich zwischen 4.000 und 10.000 Euro – da sind wir stark. Darüber hinaus gibt es auch spannende Angebote, aber das ist ein kleinerer, selektiverer Markt – mit starken Ausnahmen, etwa in Singapur oder Teilen der USA.

Zum Schluss: Was bleibt für Sie das Wichtigste? Sich nicht zu irren – und sich anzupassen. Flexibilität, ohne Prinzipien aufzugeben. Klarheit in Strategie und Design ist dabei unser wichtigstes Werkzeug. Und gute Menschen an der Seite zu haben.

Zwei Hände mit schwarzen Handschuhen halten das quadratische Gehäuse einer Bell & Ross BR 03 Skeleton Black Ceramic über das skelettierte Zifferblatt-Modul der Uhr, das auf einem schwarzen Werkstück liegt – ein Einblick in die Montage des charakteristischen Uhrendesigns.
Das Runde muss ins Eckige: Das ist seit 20 Jahren die Maxime bei Bell & Ross und sorgte für einen ikonischen Wiedererkennungswert der BR-Modelle.Foto: Bell & Ross

Über Bell & Ross:

Gemeinsam mit seinem Kompagnon Bruno Belamich („Bell“) gründete Carlos Rosillo („Ross“) 1992 in Paris die Uhrenmarke Bell & Ross, die für professionelles Design, technische Exzellenz und militärische Funktionalität steht. Die beiden etablierten mit dem quadratischen Gehäuse und rundem Zifferblatt eine ikonische Designsprache, inspiriert von Flugzeuginstrumenten. Die Marke vereint französische Kreativität mit Schweizer Uhrmacherkunst und ist heute weltweit vertreten.

Carlos A. Rosillo (links) und Bruno Belamich sind seit ihrem 15. Lebensjahr befreundet und gründeten 1992 in Paris die Uhrenmarke Bell & Ross.
Carlos A. Rosillo und Bruno Belamich sind seit ihrem 15. Lebensjahr befreundet und gründeten 1992 in Paris die Uhrenmarke Bell & Ross.Foto: Bell & Ross

Bell & Ross hat seinen Hauptsitz nach wie vor in Paris, die Uhrenproduktion selbst findet jedoch in La Chaux-de-Fonds statt – einer historischen Hochburg der Schweizer Uhrmacherei. Dort werden die Modelle montiert, reguliert und geprüft.

2005 stieg Chanel bei Bell & Ross als Anteilseigner ein. Heute hält das Haus eine Mehrheitsbeteiligung und unterstützt Bell & Ross mit industrieller Infrastruktur, zum Beispiel durch G&F Châtelain, Chanels eigene Fertigungseinheit für Uhrwerke und Komponenten. Trotz der Zugehörigkeit zu Chanel agiert Bell & Ross weitgehend unabhängig in Kreativ- und Markenführung, unter der Leitung von Carlos Rosillo als CEO und Bruno Belamich als Creative Director.

*Über Colette:

Colette war ein legendärer Concept Store in Paris, der von 1997 bis Dezember 2017 existierte. Es lag in der Rue Saint-Honoré Nr. 213 und galt über zwei Jahrzehnte als einer der einflussreichsten Orte für Mode, Design, Kunst, Musik und Streetwear weltweit. Colette Rousseaux gründete den Laden zusammen mit ihrer Tochter Sarah Andelman, die als Einkäuferin und Kreativdirektorin zur Schlüsselfigur wurde.

Colette erfand das heute so überstrapazierte Kuratieren und kombinierte Luxus-Mode mit Streetwear, Kunstbüchern, Technik-Gadgets, Parfüms und Limited Editions – oft in exklusiven Kollaborationen. Marken wie Supreme, Comme des Garçons, Nike, Chanel oder Balenciaga präsentierten dort Special Drops, oft vor allen anderen. Das Geschäft war bekannt dafür, junge Marken und Designer früh zu entdecken – unter anderem auch Bell & Ross, wie Carlos Rosillo im Interview erwähnt.

envelopeexit-upcrossarrow-up