Ode an den borealen Wald
Der 21. März ist der internationale Tag des Waldes. Er wurde von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für die Bedeutung der Wälder und die Notwendigkeit ihres Schutzes zu stärken. Gehen wir heute also in den Wald und baden im grünen Meer – oder, wenn wir in der Nähe von Basel sind, in die Ausstellung „Nordlichter“ in der Fondation Beyeler.
Themen in der nordischen Kunst

Extreme einer wilden Landschaft
Klirrend kalt ist es auf den Bildern der Künstler aus Skandinavien und Kanada, die die Fondation Beyeler bei Basel bis zum 25. Mai 2025 in der Ausstellung Nordlichter zeigt. Kaltes, ruhiges Wasser in den Seen und Fjorden, die der Blick durch dunkle Birken- und Nadelwälder freigibt. Polarlichter über der schneebedeckten Landschaft, endlose Wälder der Taiga und sonnendurchflutete lange Midsommertage – die 17 Künstlerinnen und Künstler aus Skandinavien, Finnland und Kanada halten die Faszination der Einsamkeit fest.
Die Landschaften sind meist menschenleer, die Zivilisation lediglich zu erahnen. Wie durch die Rauchwolken, die ein Zug auf seinem Weg durch die Wälder hinterlässt. Allen Werken ist das intensive Naturerlebnis zu eigen, die jahreszeitlichen Extreme einer wilden Landschaft.

Malerinnen und Maler des Nordens
Viele der gezeigten Künstler und Künstlerinnen, deren Werke zwischen 1880 und 1930 entstanden sind, sind in Mitteleuropa unbekannt. Mit Ausnahme des Norwegers Edvard Munch (1863–1944), dem die Fondation Beyeler bereits 2007 eine umfassende Retrospektive widmete, und seiner Zeitgenossin Hilma af Klint (1862–1944). Die schwedische Malerin, die schon vor Kandinsky eine bahnbrechende gegenstandslose Malerei entwickelt hat, wurde erst in den 1980er-Jahren wiederentdeckt.


Blütezeit der skandinavischen Kultur
Die Jahrzehnte um den Jahrhundertwechsel stellten eine Blütezeit der skandinavischen Kultur dar. Neben den Malern betrat eine neue Generation von Schriftstellern die literarische Bühne. So der Schwede August Strindberg, der als Wegbereiter des modernen europäischen Theaters gilt. Oder der Norweger Hendrik Ibsen, der gegen die Moral und den Kampf der Geschlechter antrat. Und Selma Lagerlöf, die als erste weibliche Schriftstellerin1909 den Nobelpreis für Literatur erhielt.

Den Ursprungskräften nah
Während die Jahre vor der Jahrhundertwende in Kunst und Literatur von Symbolismus, Mystik und einem Gefühl der Schwermut geprägt waren, begann das neue Jahrhundert mit hellen und lebensfrohen Stimmungen. Was die Künstler verbindet, ist die zum Teil expressive Farbwahl, die in kräftigen Pinselstrichen die unendliche Wildnis des Nordens thematisiert. In den Bildern erscheint eine nordische Welt, die den ursprünglichen Kräften der Erde nahe ist, sie zeigen die Realität einer grandiosen Natur. Die Künstler malten das „nordische Licht“ und fühlten sich dem Land sehr verbunden.

Der boreale Wald als Ökosystem
Besonders eindrucksvoll stellt der zeitgenössische dänische Künstler Jakob Kudsk Steensen, Jahrgang 1987, im Park der Fondation Beyeler in der digitalen Installation „Boreal Dreams“ die Folgen der Klimakrise auf das Ökosystem dar. Der boreale Wald ist für die ökologische Stabilität der Erde eine besonders wichtige Region. Denn mit seiner Fähigkeit, das Sonnenlicht zu reflektieren, sowie als Kohlenstoffspeicher trägt er dazu bei, die globalen Temperaturen niedrig zu halten.
Auf den Displays erschafft Steensen mithilfe von wissenschaftlicher Datenerhebung und Gaming-Technologien virtuelle Welten. Diese simulieren die Folgen der Erderwärmung bei plus null Grad, plus 2,5, plus 4,5, plus 6,5 und plus 9 Grad. Demnach könnten Böden austrocknen oder Bakterien das Torfmoos überwuchern, wenn der Erderwärmung nicht Einhalt geboten wird. Boreal Dreams wurde in Zusammenarbeit mit der Northern Research Station des USDA Forest Service (United States Department of Agriculture) und mit deren wissenschaftlicher Unterstützung entwickelt.
Verletzlichkeit der Natur
Die Bilder der Ausstellung Nordlichter offenbaren, aus heutiger Sicht betrachtet, einen sentimentalen Blick auf die Natur, die heute aufgrund ihrer Verletzlichkeit durch den Klimawandel bewahrt werden muss. Das Bewusstsein, dass sich unsere Umwelt schnell verändert, ist offensichtlich. Die Landschaft erscheint heute nicht mehr nur als schöner Anblick, sondern als bedrohtes Ökosystem.
Der boreale Wald, der größte Urwald der Erde, erstreckt sich südlich und nördlich des Polarkreises über weite Teile Skandinaviens, Russlands und Kanadas. Er stellt mit seiner Landschaft, bestehend aus Nadelwald, Tundra, Seen und Mooren, einen wesentlichen Kohlenstoffspeicher dar und hält mit der Reflexion des Sonnenlichts die globale Temperatur niedrig.
Weitere Infos:
Die Ausstellung Nordlichter ist bis zum 25. Mai 2025 täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet mittwochs bis 20 Uhr.
Fondation Beyeler, Baselstrasse 101, Riehen 4125, Schweiz